Ich bin die Eule,
die leise heult
Ich bin der Papagei
mit Federn aus Blei
Ich bin der Adler, der keine Freiheit kennt
Ich bin der Hamster, der im Kreis rennt
Ich bin das Pony mit dem müden Rücken
Ich bin die Kinder, die es erdrücken
Ich bin die Katze, die nicht schnurrt
Ich bin die Taube, die nicht gurrt
Ich bin die Biene ohne Wabe
Ich bin das Talent, das ich nicht habe
Ich bin der Hund, der einen Maulkorb trägt
Ich bin die Dogge, auf Dackel geprägt
Ich bin die Stunde, die keinem schlägt
Ich bin das Chamäleon, das sich selbst verliert
Ich bin das Grab, das keine Blume ziert
Ich bin die Fassade, die Leere kaschiert
Ich bin die Gesellschaft, die danach giert
Ich bin die Leinwand, auf die jeder malt
Ich bin das Ich, das für sein Sein bezahlt
Ich bin die Norm, die mich verbiegt
Ich bin das Team, das niemals siegt
Ich bin das Geschenk, das keiner kriegt
Ich bin die Depression, die mich quält
Ich bin die Qual, die nicht zählt
Ich bin die Lippen, die ungeküsst
Ich bin das Hirn, das zu viel vergisst
Ich bin die Wahrheit, die sich selbst belügt
Ich bin der Schein, der immer trügt
Ich bin die Ecken, die rund geschliffen sind
Ich bin das Blatt, verweht vom Wind
Ich bin Justitia, auf beiden Augen blind
Ich bin das Chaos, das Ordnung, schafft
Ich bin die Leidenschaft ohne Kraft
Ich bin der Alltag, der an den Nerven zerrt
Ich bin die Freiheit, die sich selbst einsperrt
Ich bin der Käfig, in dem ich sitze
Ich bin das Messer ohne Spitze
Ich bin die Ruhe, die durchs Leben eilt
Ich bin der Augenblick, der nicht verweilt
Ich bin die Wunde, die nicht heilt
Ich bin die Revolution, die ihre Kinder frisst
Ich bin die Vergangenheit, die verloren ist
Ich bin die Gegenwart, die keiner vermisst
Ich bin die Zukunft, die nichts Gutes verheißt
Ich bin das Schild, das in die Irre weist
Ich bin das Gefühl, das keiner sieht
Ich bin die Angst, die vor allem flieht
Ich bin die Wut, die nicht verraucht
Ich bin die Freude, die untertaucht
Ich bin der Ekel, der mich beschreibt
Ich bin das Boot, das ziellos treibt
Ich bin das Leben, von dem nichts bleibt
Ich bin die Zeilen, die ungeschrieben
Ich bin der Regen, der ausgeblieben
Ich bin die Gerechtigkeit, die an Lügen erstickt
Ich bin das Nichts, das in den Abgrund blickt
Ich bin das Leben, das sich nimmt
Ich bin der Funke, der kaum noch glimmt
Ich bin die Summe, die nicht stimmt
Ich bin die Leere, die sich nicht füllt
Ich bin das Denkmal, das keiner enthüllt
Ich bin der Fluss, der rückwärts fließt
Ich bin der Schütze, der daneben schießt
Ich bin das Grab, das keiner gießt
Ich bin der Weise ohne Verstand
Ich bin der Fuß ohne Hand
Ich bin der Mond, der nach Sternen greift
Ich bin die Frucht, die nicht reift
Ich bin die Kerze, die an beiden Enden brennt
Ich bin der Clown, der hemmungslos flennt
Ich bin das Glück aus vergangenen Tagen
Ich bin die Antworten, die ständig fragen
Ich bin die Sorgen, die mich plagen
Ich bin der Damm, den das Wasser bricht
Ich bin der Verlust ohne Gesicht
Ich bin der Panther aus Rilkes Gedicht
Ich bin der Mund, der nicht spricht
Ich bin das Ass, das nicht sticht
Ich bin der Schrei, den niemand hört
Ich bin die Liebe, die alles zerstört
Ich bin der Hass, der bedingungslos liebt
Ich bin das Problem, das man auf morgen verschiebt
Ich bin Schödingers Katze, tot und nicht tot
Ich bin die Butter ohne Brot
Ich bin die Taube ohne Schlag
Ich bin die Nacht ohne Tag
Ich bin das Menü ohne Geschmack
Ich bin der Nagel ohne Lack
Ich bin das Zebra ohne Streifen
Ich bin das Auto ohne Reifen
Ich bin der Laster im Gegenverkehr
Ich bin der Speerwerfer ohne Speer
Ich bin der Schlag ohne Gegenwehr
Ich bin der Apfel voller Gift
Ich bin der Pfeil, der nicht trifft
Ich bin das Fenster mit dreckigen Scheiben
Ich bin die Erinnerungen, die nicht bleiben
Ich bin die Sternschnuppe, die im All verglüht
Ich bin die Plastiktulpe, die nur scheinbar blüht
Ich bin die Rose, die nicht duftet
Ich bin die Faulheit, die schwer schuftet
Ich bin der Baum, der tote Äste in den Himmel reckt
Ich bin die Sonne, die sich hinter Wolken versteckt
Ich bin die Zeit, die nicht verrinnt
Ich bin der Roman, der am Schluss beginnt
Ich bin das Ende, das keinen Anfang hat
Ich bin der König im Schachmatt
Ich bin die Suche, die nichts findet
Ich bin der Strauß, den keiner bindet
Ich bin das Puzzlestück, das nicht passt
Ich bin das Wrack mit gebrochenem Mast
Ich bin die „Titanic“ auf Jungfernfahrt
Ich bin das Geld, das keiner spart
Ich bin der Wurm im Elfenbeinturm
Ich bin die Fackeln im Sturm
Ich bin der Stein, der nichts fühlt
Ich bin die Hitze, die man kühlt
Ich bin die Armut, erkauft mit Geld
Ich bin die Höhe, die ins Bodenlose fällt
Ich bin die Länge, die man kürzt
Ich bin Ikarus, der vom Himmel stürzt
Ich bin der Weg, der ins Nirgendwo führt
Ich bin das Herz, das gar nichts spürt
Ich bin der Körper, den man nicht berührt
Ich bin der Koffer, den keiner packt
Ich bin das Baby, schutzlos und nackt
Ich bin das Handwerk ohne Meister
Ich bin die Tapete ohne Kleister
Ich bin das Haus voller Geister
Ich bin das Elend ein Leben lang
Ich bin die Falle ohne Notausgang
Ich bin der Fischer ohne Fang
Ich bin der schwarze Schwan, der trauert
Ich bin die Stärke, die in der Ecke kauert
Ich bin der Spieler, der immer mauert
Ich bin der Moment, der ewig dauert
Ich bin die Schnittblume ohne Vase
Ich bin die Trübsal, die ich blase
Ich bin Ostern ohne Hase
Ich bin die Brille ohne Nase
Ich bin der Fuchs im Hühnerstall
Ich bin die Aktie im freien Fall
Ich bin der Donner ohne Hall
Ich bin die Explosion ohne Knall
Ich bin die Stille mit lautem Schall
Ich bin der Sketch ohne Witz
Ich bin der Donner ohne Blitz
Ich bin der Briefkasten ohne Schlitz
Ich bin das Reh ohne Kitz
Ich bin der Bleistift, der nicht spitz
Ich bin der Aperol ohne Spritz
Ich bin der Stuhl ohne Sitz
Ich bin die Nahrung, die nicht nährt
Ich bin der Reiter ohne Pferd
Ich bin die Flamme, die sich verzehrt
Ich bin der Besen, der nicht kehrt
Ich bin die Ewigkeit, die nicht währt
Ich bin der Ritter ohne Schwert
Ich bin die Münze ohne Wert
Ich bin das Lied, das keiner singt
Ich bin die Glocke, die nicht klingt
Ich bin das Schiff, das im Meer versinkt
Ich bin der Zug, der aus den Gleisen springt
Ich bin der Treibsand, der alles verschlingt
Ich bin die Hoffnung, die zum Himmel stinkt
Ich bin der Tod, der keinen Frieden bringt
Ich bin das Wort, das niemand versteht
Ich bin der Schmerz, der nie vergeht
Ich bin der Schatten, der ohne Sonne stirbt
Ich bin die Laune, die den Spaß verdirbt
Ich bin ohne Sinn
Ich bin, was ich bin
Ich bin nicht mehr ich